Bester Freund oder Ersatzkind?: Warum Hunde unser emotionales Backup sind
Halter entwickeln oft ein sehr inniges Verhältnis zu ihren Hunden. Was die Menschen daran besonders schätzen, hat nun ein Forschungsteam aus Ungarn unter die Lupe genommen.
„Hunde besetzen in unserer sozialen Welt einen einzigartigen Platz“, erläuterte Studienleiterin Enikő Kubinyi – selbst seit 30 Jahren Hundehalterin – von der Eötvös Loránd Universität in Budapest. „Sie bieten die emotionale Nähe eines Kindes, die Ungezwungenheit eines besten Freundes und die Berechenbarkeit einer Beziehung, die durch menschliche Kontrolle geprägt ist. Das zeigt, warum unsere Verbindungen zu ihnen oft so erfüllend sind.“
Sie bieten die emotionale Nähe eines Kindes, die Ungezwungenheit eines besten Freundes und die Berechenbarkeit einer Beziehung.
Enikő Kubinyi, Eötvös Loránd Universität in Budapest
In der im Fachblatt „Scientific Reports“ veröffentlichten Studie schreibt die Gruppe, Hunde seien von allen domestizierten Tiere die frühsten Begleiter des Menschen. Sie erfüllten viele praktische Funktionen, etwa als Hüte- oder Wachhunde. Zudem sei aber schon früh ein sehr emotionales Verhältnis entstanden. Beispielhaft spiegelt dies etwa der Ausdruck wider, der Hund sei der beste Freund des Menschen, der bereits im 19. Jahrhundert verwendet wurde.
700 Halter füllen Fragebögen aus
Generell erfüllten Hunde für Menschen verschiedene emotionale Rollen: als Spielgefährte, Begleiter, Kind-Ersatz, Mittel gegen Einsamkeit oder wegen ihrer bedingungslosen Treue. Um die Rolle der Tiere in ihren verschiedenen Ausprägungen wissenschaftlich zu ermitteln, befragte das Team um Kubinyi in Ungarn mehr als 700 Hundehalter.
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Per Online-Fragebogen sollten sie das Verhältnis zu ihrem Haustier einstufen, bezogen auf 13 verschiedene Eigenschaften: etwa Zufriedenheit, Zuneigung, Vertrautheit, Gemeinschaft oder Konflikt. Zudem erkundigte sich die Gruppe nach dem Verhältnis der Halter zu anderen Menschen wie Kind, Partner, engster Angehöriger und bester Freund.
Hier die zentralen Erkenntnisse:
- Zufriedenheit: „Halter gaben in Bezug auf Hunde eine höhere Zufriedenheit an als mit der nächsten Verwandtschaft und besten Freunden, aber nicht höher als mit Kindern oder in der Partnerschaft“, schreibt die Gruppe.
- Innigkeit: Was Innigkeit angeht, schnitt wiederum lediglich der jeweilige Partner besser ab als der Hund.
- Interaktion: Negative Interaktionen waren laut Befragung in der Beziehung zu Hunden geringer ausgeprägt als mit anderen Menschen, ausgenommen beste Freunde. Dies könne mit dem Machtungleichgewicht zusammenhängen – also dem Umstand, dass Halter die volle Kontrolle über ihren Hund haben, heißt es zur Begründung.
Alles in allem, so bilanziert die Forschungsgruppe, biete die Studie Hinweise darauf, „dass das Verhältnis zwischen Halter und Hund am stärksten der Eltern-Kind-Beziehung ähnelt, aber insgesamt kann es betrachtet werden als ein Mix des Verhältnisses zu Kind und bestem Freund“. Die positiven Seiten der Beziehung zu einem Kind würden dabei verknüpft mit den fehlenden negativen Aspekten von Freundschaft, zusammen mit einem stark ausgeprägten Machtgefüge.
Ein gängiges Klischee
„Hunde bieten je nach Bedürfnis ihrer Besitzer verschiedene Arten von emotionaler und sozialer Unterstützung“, erläuterte Erstautorin Borbála Turcsán. „Manche Leute suchen Begleitung und Spaß, andere brauchen Vertrauen und Stabilität, und manche genießen es einfach, für jemanden sorgen zu können.“
Ein gängiges Klischee bestätigte die Studie übrigens nicht: Leute, die Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen haben, setzen nicht verstärkt auf Hunde. Stattdessen spiegelt ein gutes Verhältnis zu den Vierbeinern oft auch gute Beziehungen zu anderen Menschen wider.
Eine Einschränkung gibt es jedoch: Die Resultate basierten auf der Selbsteinschätzung von Menschen, die an der Online-Befragung teilnehmen wollten, räumt die Gruppe ein. Ob dies repräsentativ ist, wisse man nicht. Generell nahmen an der Befragung mehr Frauen und auch mehr Menschen im jungen bis mittleren Alter teil.