Warum Misteln zum Problem werden

Was hängt denn da in den Bäumen? Wenn im Herbst und Winter die Blätter fehlen, werden die buschigen Mistelkugeln sichtbar. Seit den Neunzigerjahren breitet sich die Mistel in Deutschland aus – immer mehr dieser Parasiten tummeln sich in Bäumen. Was der Klimawandel damit zu tun hat, warum Misteln gerade für Streuobstwiesen ein Problem werden können und wem die kugeligen Büschel nutzen – die wichtigsten Fragen im Überblick.

Was sind Misteln und wo sind sie zu finden?

Misteln wachsen als kugelförmige Sträucher an Bäumen, die bis zu einem Meter Durchmesser haben können. Insgesamt gibt es rund 1.100 Arten, die als "Misteln" bezeichnet werden und vorrangig in Afrika, Madagaskar sowie in Südasien vorkommen. In Deutschland sind nur drei Arten verbreitet: Laubholz-Mistel, Tannen-Mistel und Kiefern-Mistel. Trotzdem ist sie hier heimisch. Europäische Mistel-Arten können zwischen 10 und 20 Jahre alt werden. Andere Schätzungen gehen von 30 Jahren aus. Im Gebiet zwischen Nordosten und Südwesten von Deutschland sind Misteln am häufigsten zu finden. Hotspots sind Berlin, der Süden von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen an der belgischen Grenze und Hessen.

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Welche Pflanzen sind betroffen?

Misteln setzen sich ausschließlich an Ästen und Stämmen von Bäumen fest. Dabei sind nicht alle Bäume betroffen. Die immergrüne Pflanzenart wächst jedoch an Pappeln, Apfelbäumen, Birken, Ahorn, Linden, Robinien, Weiden, Eberesche und Weißdorn. Vor allem dann, wenn das Laub der Bäume fällt und die Äste kahl sind, sind die Misteln leicht zu entdecken – etwa im Spätherbst oder im Winter.

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Wie breiten sich Misteln aus?

Wie andere Pflanzenarten auch vermehren sich Misteln über die Samen in ihren Beeren. Wenn Vögel die weißen Beeren fressen und den Kot mit den Samen auf den Ästen von Bäumen hinterlassen. 27 Vogelarten fressen die Beeren der Misteln. Unter ihnen nicht nur die Misteldrossel, sondern auch der Seidenschwanz oder Sing- und Wacholderdrossel. Die Mistel kann ihre Samen aber auch selbst verbreiten, indem die klebrige Frucht unterhalb auf die Äste tropft. Die Rinde von Bäumen ist der ideale Ort zum Keimen der Mistel – so wird der Baum zu einem Wirt.

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Warum können Misteln für Bäume gefährlich sein?

Die Mistel ist ein Parasit und zum Teil von Bäumen abhängig, weil sie ihnen Wasser und Nährstoffe entzieht. Andererseits kann sich die Mistel aber auch selbst versorgen, weil sie Fotosynthese betreibt. Deswegen wird sie auch Halbschmarotzer genannt. Für die Bäume kann das zu einer Gefahr werden, wenn sich die Mistel zu stark ausbreitet. Vor allem in den Sommermonaten können Bäume, die stark befallen sind, an Wassermangel eingehen. Viel diskutiert werden im Zusammenhang mit Misteln die Streuobstwiesen, weil Misteln gerne Apfelbäume besetzen. Ist der Befall groß und wird nicht eingegriffen, droht auch der Apfelbaum im Laufe der Jahre zu sterben.

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Gibt es durch den Klimawandel mehr Misteln?

Ja und Misteln haben sich in vielen Teilen Deutschlands stark ausgebreitet. 2014 wurden sie etwa erstmals in Niedersachsen entdeckt (PDF). Neun Jahre später ist der grüne Busch in den Kronen von Laubbäumen nicht mehr selten, sondern auffällig häufig verbreitet. In Bayern ist die Anzahl befallener Bäume von 2007 bis 2024 von rund 2 auf fast 40 Prozent gestiegen. Das liegt nicht nur an fehlender Baumpflege. Die steigenden Temperaturen bieten den Misteln bessere Wachstumsbedingungen (PDF) in einer gleichzeitig längeren Vegetationsphase. Zudem kann sich die Mistel durch wärmeres Klima besser ausbreiten und ist schon heute in Höhen von mehr als 1.000 Metern zu finden. Außerdem schwächen Dürreperioden und Trockenstress die Wirtsbäume, die dann anfälliger für Parasiten und Krankheiten werden.  

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Wie können Bäume geschützt werden?

Will man etwa Streuobstwiesen vor dem Absterben schützen, hilft nur eine regelmäßige Baumpflege. Das heißt: Äste müssen vom Ausbruch der Mistel mit einem Abstand von mindestens 20 bis 30 Zentimeter abgesägt oder die Keimlinge schon vorher entfernt werden. Alle zwei bis drei Jahre sollte so eine Baumpflege stattfinden. Da Misteln nicht unter Naturschutz stehen, ist das problemlos möglich. Der beste Zeitpunkt für die Maßnahme ist der Spätwinter oder das Frühjahr.

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Haben Misteln einen Nutzen?

Tatsächlich können Misteln auch sinnvoll sein: Ihre Beeren sind eine Futterquelle für Vögel, ihre Blätter sind ein Unterschlupf und Ort für Nester. Außerdem unterstützen Misteln die Biodiversität, indem sie einen Lebensraum für Insekten wie Käfer, Wanzen, Flöhe, Läuse, Schmetterlinge und Mücken bieten (PDF). Es gibt Insektenarten, die nur in Mistelsträuchern vorkommen und von dem Halbschmarotzer abhängig sind. Zudem sind die Blätter, Früchte und Blüten von Misteln reich an Nährstoffen. Diese finden sich nach ihrer Zersetzung im Boden wieder und verbessern seinen Nährstoffkreislauf.

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