Vorwürfe von Whistleblower: Davos-Gründer Schwab soll Forschung des Weltwirtschaftsforums manipuliert haben

Die Vorwürfe gegen den Gründer und langjährigen Vorsitzenden des Weltwirtschaftsforums (WEF) weiten sich aus. Basierend auf einem Whistleblower-Schreiben wurde Klaus Schwab bisher unter anderem beschuldigt, WEF-Mittel für Massagen sowie Luxusreisen veruntreut zu haben. Wie die „Financial Times“ berichtet, wird dem 87-Jährigen darin außerdem vorgeworfen, Forschungsergebnisse des Weltwirtschaftsforums manipuliert zu haben. Schwab bestreitet das.

Konkret geht es um den „Global Competitiveness Report“. Der Bericht wurde bis einschließlich 2019 jedes Jahr kurz vor dem Treffen in Davos veröffentlicht und nicht nur von Politikern, sondern auch Unternehmensvertretern genutzt, etwa um Investitionsentscheidungen zu treffen. Darin wurden Länder in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit bewertet, basierend auf zum Beispiel ihrer Produktivität, dem Zustand ihrer Infrastruktur oder dem Bildungsniveau.

Der von der „FT“ zitierte Whistleblower wirft Schwab vor, die Methodik des Berichts geändert zu haben, nachdem sich mit ihrer Bewertung unzufriedene Regierungen an ihn gewandt hätten. Damit habe er die Integrität des WEF untergraben.

Donald Trump auf dem WEF: Das Treffen in den Schweizer Bergen gilt als das bekannteste Schaulaufen von Politik und Wirtschaft.

© SWR/World Economic Forum 2018

Schwab bestreitet die Vorwürfe. „Einige Regierungen haben sich mit mir in Verbindung gesetzt und Korrekturen angeboten, um aktualisierte Daten zu berücksichtigen oder Fehler in der Analyse zu korrigieren“, hieß es in einem von ihm veröffentlichen Statement. Er habe diese Informationen intern weitergeleitet. „Dies als Manipulation auszulegen, ist eine Beleidigung meines akademischen Ansehens“, so Schwab weiter.

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Schon in der Vergangenheit wurde der Bericht von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kritisiert. Zum Beispiel wegen seiner eingeschränkten Aussagekraft und Vergleichbarkeit, methodischen Schwächen sowie der Subjektivität einzelner Indikatoren. Nach eigener Aussage hatte Schwab die Methodik schon 1979 entwickelt und kontinuierlich verbessert.  

Schwab wird Veruntreuung von WEF-Mitteln vorgeworfen

Das Weltwirtschaftsforum hatte am Mittwoch eine Untersuchung gegen den am Montag zurückgetretenen Schwab wegen Vorwürfen finanziellen und ethischen Fehlverhaltens bestätigt. Der Verwaltungsrat habe wegen des Schreibens eines Whistleblowers eine Untersuchung eingeleitet, erklärte das WEF am Mittwoch und bestätigte einen entsprechenden Bericht des „Wall Street Journal“. Die US-Zeitung hatte zuvor über Vorwürfe gegen den 87-Jährigen und seine Frau Hilde unter anderem wegen der Veruntreuung von WEF-Mitteln berichtet.

Das Schreiben „enthielt Behauptungen, dass Klaus Schwab jüngere Mitarbeiter gebeten hat, in seinem Namen Tausende von Dollar von Geldautomaten abzuheben“, schrieb das „WSJ“. Auch soll der WEF-Gründer etwa mit Mitteln der Organisation private Massagen in Hotels bezahlt haben. Hilde Schwab soll auf Kosten des WEF luxuriöse Urlaubsreisen unternommen haben.

Wie die Zeitung weiter berichtete, geht es in dem Schreiben auch um Schwabs Auftreten gegenüber weiblichen Angestellten sowie seinem Umgang mit Vorwürfen sexueller Belästigung und anderem diskriminierendem Verhalten innerhalb des WEF. Derartige Vorgänge seien unter seiner Führung über Jahrzehnte hinweg unkontrolliert geblieben. Schwab ließ die Vorwürfe laut „WSJ“ mittels eines Sprechers zurückweisen.

Das WEF erklärte am Mittwoch, der Verwaltungsrat habe „einstimmig die Entscheidung des Prüfungs- und Risikoausschusses unterstützt, eine unabhängige Untersuchung einzuleiten, nachdem ein Brief eines Informanten Anschuldigungen gegen den ehemaligen Vorsitzenden Klaus Schwab enthielt“. Es nehme die Anschuldigungen „ernst“, sie seien aber „nicht bewiesen“.

Schwab hatte am Montag überraschend seinen Rücktritt vom Vorsitz des Verwaltungsrats verkündet. Er hatte das WEF 1971 gegründet und war mehr als 50 Jahre lang das Gesicht der Organisation. Bekannt geworden ist das Weltwirtschaftsforum insbesondere für seine jährlichen Treffen zwischen Politikern und führenden Vertretern der Wirtschaft im Schweizer Alpenort Davos. (mit AFP)