5,4 Prozent Wachstum vor Zoll-Eskalation mit den USA: Chinas Wirtschaft legt im ersten Quartal stärker zu als erwartet
Die chinesische Wirtschaft ist vor der Eskalation im Handelsstreit mit den USA überraschend kräftig gewachsen. Nach vorläufigen Schätzungen habe das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal bei 31,9 Milliarden Yuan (rund 3,8 Milliarden Euro) gelegen, wie das Statistikamt am Mittwoch in Peking mitteilte.
Dies entspreche einem Anstieg von 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei gleichbleibenden Preisen. Die Einzelhandelsumsätze - ein wichtiger Indikator für die Verbrauchernachfrage - stiegen demnach ebenfalls im Jahresvergleich um 4,6 Prozent.
Damit ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt solide in das Wirtschaftsjahr gestartet. Analysten hatten im Vorfeld mit einem Quartals-Wachstum von rund 5,2 Prozent gerechnet.
Auch im Schlussquartal 2024 war die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft um 5,4 Prozent gewachsen. Gemessen am Vorquartal legte sie diesmal um 1,2 Prozent zu.
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Sheng Laiyun, Vize-Kommissar der nationalen Statistikbehörde Chinas, sprach von einem guten Beginn und einer stärkeren Nachfrage. Peking hat sich für 2025 wieder ein ambitioniertes Wachstumsziel von rund fünf Prozent gesetzt.
Ökonomen sprachen von einem sehr guten Jahresauftakt. „Die staatlichen Anreize haben den Konsum angekurbelt und die Investitionen gestützt“, sagte Analyst Xu Tianchen von der Economist Intelligence Unit.

© REUTERS/Go Nakamura
Er wies zugleich darauf hin, dass der Auftakt auch in den beiden Vorjahren gut gewesen sei - das Tempo dann aber im Frühjahr nicht gehalten werden konnte.
Auch die Regierung in Peking sprach angesichts des Handelskonflikts mit den USA, der im April eskalierte, von einem weltweit „komplexeren und schwierigeren“ wirtschaftlichen Umfeld.
Zollschock entfaltet erst noch seine Wirkung
Vor allem im kommenden Quartal sollte der Zollstreit mit den USA deutlicher zu spüren sein. Beobachter rechnen damit, dass sich das Wirtschaftswachstum ab dem zweiten Quartal abschwächen wird.
China ernennt neuen Handelsgesandten
Vor dem Hintergrund des Handelsstreits mit den USA hat China einen neuen Handelsgesandten ernannt. Li Chenggang habe Wang Shouwen als Beauftragten für internationale Handelsfragen und als Vize-Handelsminister ersetzt, erklärte das Pekinger Personalministerium.
Seinem offiziellen Lebenslauf zufolge war Li zuvor chinesischer Botschafter bei der Welthandelsorganisation (WTO) und stellvertretender ständiger Vertreter Pekings bei der UNO in Genf. Der Jurist, der unter anderem in Hamburg studierte, habe zudem mehrere Posten innerhalb des Handelsministeriums innegehabt.
Anfang April hatte US-Präsident Donald Trump den Zoll auf chinesische Waren bis auf 145 Prozent heraufgesetzt, worauf China mit Gegenzöllen von 125 Prozent auf US-Waren reagierte.
EU-Handelskammer in Peking umgarnt China

© dpa/Johannes Neudecker
China könnte aus Sicht der dort ansässigen EU-Handelskammer im eskalierten Handelsstreit mit den USA als Partner wieder attraktiver werden. „China hat die Chance, als zuverlässiger, stabiler und berechenbarer Handelspartner wahrgenommen zu werden“, sagte Kammerpräsident Jens Eskelund in Peking.
Vor dem Hintergrund der US-Handelspolitik sei es im Interesse der Volksrepublik, der EU zu zeigen, bereit zu für beide Seiten vorteilhaften Wirtschaftsbeziehung zu sein, schrieb die Kammer in einem neuen Papier.
Peking könnte dies durch eine Abkehr von stark koordinierter Industriepolitik wie „Made in China 2025“ und einer Hinwendung zu marktorientierten Reformen erreichen, die Firmen aus China und dem Ausland gleiche Bedingungen böten, hieß es.
Hohe US-Zölle für Elektronikprodukte wie Smartphones und Computer wurden inzwischen vorübergehend wieder fallengelassen, dennoch dürfte das den Exportweltmeister hart treffen.
Die US-Großbank Goldman Sachs senkte ihre Prognose für den Anstieg des Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr von 4,5 auf 4,0 Prozent, während die Experten der Schweizer Großbank UBS sogar nur 3,4 Prozent erwarten.
Chinesische Industrie kurbelt Produktion an
Zuletzt legte die Industrieproduktion in der Volksrepublik deutlich zu. Die Unternehmen steigerten ihren Ausstoß im ersten Quartal um 6,5 Prozent, wie das Statistikamt außerdem mitteilte. Die Prognosen von Analysten wurden damit übertroffen.
„Die Hersteller versuchten wohl, ihre Bestellungen vor der Einführung der Zölle rauszuschicken“, sagte Ökonom Woei Chen Ho vom Finanzhaus UOB in Singapur.
Bislang versucht Chinas Regierung mit einem Eintauschprogramm alter gegen neue Geräte oder Autos den Konsum wieder anzukurbeln.
Die Volksrepublik kämpft schon länger mit schwacher Nachfrage, Druck durch Deflation und einer wabernden Immobilienkrise, die den Wirtschaftsmotor bremst. (dpa, Reuters, AFP)