Gericht weist Schadensersatzansprüche von Wirecard-Aktionären zurück

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Hoffnungen Tausender früherer Wirecard-Aktionäre auf Schadensersatz gedämpft. Im Kapitalanleger-Musterverfahren können keine Schadensersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY vorgebracht werden, teilte Gerichtspräsidentin Andrea Schmidt mit.

Auf Schadensersatz geklagt haben nach Angaben der Richterin mittlerweile knapp 8.700 Anleger. Weitere 19.000 haben Ansprüche angemeldet, ohne selbst zu klagen. Ihre Ansprüche richten sich vor allem gegen die Prüfungsgesellschaft EY, die über Jahre falsche Bilanzen von Wirecard gebilligt haben soll.

Anwalt kündigt Beschwerde beim Bundesgerichtshof an

In Musterverfahren gebündelt werden können laut Schmidt nur Klagen wegen falscher Information des Kapitalmarkts. Gemeint sind damit unter anderem falsche Bilanzen und falsche Pflichtmitteilungen an die Börse. EY hat jedoch nach Argumentation des Senats die falschen Wirecard-Bilanzen inklusive des EY-Bestätigungsvermerks nicht selbst veröffentlicht, sondern Wirecard. Insofern sind Schadensersatzansprüche gegen EY im Musterverfahren laut Gericht "nicht statthaft".

Musterklägeranwalt Peter Mattil nannte die Entscheidung "hundertprozentig falsch". Er kündigte Beschwerde beim Bundesgerichtshof an. 

Die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts bedeutet nicht, dass Wirecard-Aktionäre grundsätzlich nicht gegen EY klagen können. Doch Grundlage muss nach Worten der Richterin die "Verletzung von Prüfpflichten" sein, nicht die falsche Information des Kapitalmarkts. Schadensersatzansprüche gegen den Ex-Vorstandschef Markus Braun und weitere frühere Wirecard-Größen werden laut Schmidt in dem Musterverfahren weiter verhandelt.  

Das Musterverfahren soll die Rechtsprechung beschleunigen: Ein einziger Prozess soll beispielhaft klären, ob mehrere Kläger Anspruch auf Schadensersatz haben oder nicht. Anschließend müsste das Landgericht München I in den knapp 8.700 Verfahren jeweils nur noch die individuellen Details abhandeln und entscheiden, ob und wie viel Geld jedem einzelnen Kläger zusteht. Solange das Musterverfahren läuft, sind die 8.700 Klagen ausgesetzt.

Das Musterverfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht läuft parallel zum Strafprozess, in dem sich Ex-Vorstandschef Braun und zwei Mitangeklagte seit Dezember 2022 verantworten müssen.