So kann die Mütterrente finanziert werden

Die Ausweitung der sogenannten Mütterrente stößt auf viel Kritik, sogar bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Die Präsidentin der DRV, Gundula Roßbach, äußerte sich nun im Tagesspiegel kritisch zu dem Vorhaben. Die Ausweitung koste fünf Milliarden Euro pro Jahr, aber zur Finanzierung stehe nichts im Sondierungspapier. Die Rentenanhebung müsste also "vollständig aus Steuermitteln" finanziert werden oder der Beitragssatz um 0,25 Prozentpunkte steigen – mit dem Effekt, dass bereits 2027 ein Beitragssatz von mehr als 19 Prozent erreicht würde. Und das, obwohl bei den profitierenden Müttern nur rund 20 Euro im Monat ankämen.

Dabei ist die Angleichung eine Frage der Gerechtigkeit. Bisher werden Frauen, die vor 1992 Kinder bekommen haben, bei der Mütterrente benachteiligt. Sie bekommen pro Kind maximal zwei Jahre und sechs Monate Erziehungszeit bei der Rente gutgeschrieben. Wessen Kinder nach 1992 geboren wurden, erhält bis zu drei Jahre. Pro Jahr gibt es einen Rentenpunkt (derzeit 39,32 Euro). So kommt die DRV auf eine Rentenaufwertung von fast 20 Euro pro Kind im Monat. Da Frauen in den Siebzigern und Achtzigern häufig mindestens zwei Kinder bekamen, würden die meisten Rentnerinnen wohl 40 Euro oder mehr als Rentenerhöhung erhalten. Laut DRV würden 9,8 Millionen Frauen profitieren. Derzeit erhalten fast 87 Prozent aller Frauen über 65 Jahre die Mütterrente. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) haben sie durch die Mütterrente schon heute 107 Euro mehr im Monat zur Verfügung.

Und wie soll die Ausweitung bezahlt werden? Es gibt einige im Grunde fertige Rentenkonzepte von der Ampel und früheren Bundesregierungen, die man nur umsetzen müsste.

Aktivrentner können die Mütterrente refinanzieren

Die Einführung der sogenannten Aktivrente, wie sie die Union vorschlägt, wäre ein geeignetes Instrument. Damit will sie vor allem Babyboomer dazu bringen, ihren Rentenbeginn über die Regelaltersgrenze hinaus zu verschieben. Die Idee sieht vor, dass bis zu 2.000 Euro pro Monat vom Lohn steuerfrei bleiben sollen, wenn man noch etwas länger arbeitet. Das ist unter anderem für Besserverdienende mit Einkommen über 2.000 Euro attraktiv. Sie würden künftig dann zwar weniger Steuern zahlen, weil ein Teil ihres Lohns steuerfrei ist. Aber im Endeffekt macht der Staat ein Plus, weil diese Menschen trotzdem mehr Steuern zahlen, als sie es als Rentner täten. Und die Aktivrentner zahlen weiter Beiträge in die Rentenkasse und Sozialversicherungen ein.

Laut einer Studie der wirtschaftsliberalen Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) könnten dann immerhin 300.000 Menschen zusätzlich weiter erwerbstätig sein und noch keine Rente beziehen. Dadurch würde das BIP um 18,2 Milliarden Euro wachsen, und der Staat könnte bis zu 5,2 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuern und Sozialbeiträgen einnehmen. Damit wäre die Angleichung bei der Mütterrente finanziert.

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Vorgezogene Rente nach 45 Beitragsjahren gehört auf den Prüfstand

Die sogenannte Rente mit 63, also die Möglichkeit, nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente zu gehen, sollte mindestens überprüft werden. Ein Viertel aller Neurentnerinnen und Neurentner eines Jahrgangs macht davon Gebrauch, Tendenz steigend. Hunderttausende sind das pro Jahr, die etwas früher aus dem Arbeitsleben verschwinden – und als Beitragszahler wegfallen. Laut einer INSM-Studie kostet die vorgezogene, abschlagsfreie Rente bis 2035 140 Milliarden Euro – man könnte damit also 28 Jahre lang die Ausweitung der Mütterrente bezahlen. 

Es gibt aber gute Gründe, die Rente mit 63 zu behalten: Zum einen haben SPD und Union sich darauf schon verständigt, zum anderen befürwortet die Mehrheit der Deutschen diese Möglichkeit. Außerdem gibt es sehr viele Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze durchhalten. Sie sind froh, wenn sie früher und ohne hohe Abschläge in Rente gehen können.

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Rentenpolitische Maßnahmen aus der Wachstumsinitiative umsetzen

SPD, Grüne und FDP hatten sich im vergangenen Sommer im Rahmen der Wachstumsinitiative auf einige gute Ideen bei der Rentenpolitik verständigt. Im Kern ging es vor allem darum, Ältere zum Weiterarbeiten zu motivieren. Da war zum einen die sogenannte Rentenaufschubprämie, eine Einmalzahlung in Höhe von 22.000 Euro pro Jahr für alle Boomer, die ihren Rentenbeginn um mindestens ein bis maximal drei Jahre verschieben und weiterarbeiten. Sie sollte 2028 starten. Was teuer klingt, hätte hohe Steuereinnahmen eingebracht – und Beiträge für die Sozialversicherung, auch wenn das Konzept vorsah, dass die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (immerhin 10,6 Prozent vom Bruttogehalt) eingespart worden wären. Die reguläre Rentenzahlung und die eingesparten Beiträge sollte es dann auf einen Schlag beim Rentenbeginn geben, so erklärt sich die Summe von 22.000 Euro im Schnitt pro aufgeschobenem Rentenjahr.

Die Rentenversicherung hätte durch das Mehr an Steuern der Rentenaufschieber profitiert, das als Bundeszuschüsse zurück in die Rentenkasse fließt. Wie viel das tatsächlich gebracht hätte, ist unklar. Laut dem Bundesarbeitsministerium hätten eine Million Menschen von der Prämie profitieren können, was einem zusätzlichen Steueraufkommen von 7,1 Milliarden Euro entspricht. Auch die Rentenaufschubprämie würde somit indirekt die Ausweitung der Mütterrente refinanzieren.    

Und auch die Ausweitung der Flexi-Rente könnte die Mütterrente kofinanzieren: Bei der Flexi-Rente, die es schon seit 2017 gibt, wird der Rentenbeginn ebenfalls nach hinten verschoben, weil man weiter arbeitet und weiter Rentenbeiträge zahlt. Pro Jahr erhöht sich die Rente so um sechs Prozent, das ist attraktiv für alle, die noch arbeiten können und wollen. Die Ampel wollte die Flexi-Rente noch attraktiver machen, indem die Arbeitgeberbeiträge zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung als Gehaltserhöhung ausbezahlt werden sollten. Das hätte zu mehr netto, aber für den Staat dennoch zu höheren Steuereinnahmen geführt. Wie viel mehr lässt sich grob überschlagen: Bislang haben 317.000 Menschen die Flexi-Rente in Anspruch genommen. Das entspricht Einkommensteuereinnahmen von 2,2 Milliarden Euro pro Jahr – immerhin fast die Hälfte der Kosten für die Mütterrente.

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Generationenkapital für versicherungsfremde Leistungen nutzen

Das Generationenkapital sollte der Einstieg in die Kapitalmarktdeckung für die gesetzliche Rentenversicherung sein. Mit Geld aus einem Darlehen aus dem Bundeshaushalt und der Übertragung von Eigenmitteln des Bundes wollte die Ampel einen Kapitalstock aufbauen; vorgesehen waren jährlich zwölf Milliarden Euro, die auch im Bundeshaushalt dafür reserviert waren. Der Kapitalstock sollte außerdem jährlich um drei Prozent anwachsen, sodass dieser im Jahr 2035 gute 200 Milliarden umfasst hätte, was im Schnitt zehn Milliarden Euro an Erträgen hätte bringen können. Die Ampel wollte mit dem Geld ab diesem Zeitpunkt die Beiträge stabilisieren. Allerdings könnte man die Kapitalerträge auch nutzen, um versicherungsfremde Leistungen wie eben die Mütterrente zu refinanzieren. 

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Versicherungspflicht für Selbstständige

Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für alle Selbstständigen, die nicht über Versorgungswerke oder anderweitig abgesichert sind, wird schon seit vielen Jahren diskutiert. Schon die letzten Grokos wollten die Selbstständigen in die gesetzliche Rente integrieren, dazu kam es aber nie.

Gut 2,5 Millionen Selbstständige sind hierzulande nicht fürs Alter abgesichert, sie können sich bisher freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern. Das kostet 670,53 Euro pro Monat als Regelbeitrag. Würde man alle 2,5 Millionen dazu verpflichten einzuzahlen, würde dies 20 Milliarden Euro zusätzlicher Einnahmen ins Umlagesystem einbringen. Allerdings fallen später auch Rentenansprüche für die Selbstständigen an. Außerdem sind viele, insbesondere Solo-Selbstständige finanziell nicht in der Lage, die hohen Beiträge zu bezahlen. Kurzfristig, etwa bis ein Generationenkapital Erträge abwirft, könnte man so die Mütterrente aber bezahlen.

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