Bericht über viele Minderjährige bei „Terrorgram“: Hunderte Deutsche sind offenbar in rechtsextremen Telegram-Chatgruppen aktiv
Rechtsterroristische Gruppen vernetzen sich einer Studie zufolge vermehrt auf der Messenger-App Telegram. Da daran auch viele Deutsche beteiligt seien, warnen Experten vor einem „erhöhten Gefahrenpotenzial“ für die Bundesrepublik.
Wie der „Spiegel“ unter Berufung auf eine Studie vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas) berichtet, bezeichnen die Beteiligten ihr loses Telegram-Netzwerk aus Kanälen und Chatgruppen intern als „Terrorgram“.
Seit Anfang 2022 seien darin mehr als 317.000 Nachrichten abgesetzt worden – Cemas-Zählungen zufolge von 651 deutschen Nutzern. Demnach seien 83 dieser Nutzer als „heavy user“ einzustufen, was für ein „erhöhtes Gefahrenpotenzial“ spreche.
Dem Cemas-Rechtsextremismusexperten Miro Dittrich zufolge sei schon lange klar, dass auch viele Deutsche in dem Online-Terrornetzwerk aktiv seien. Mit so hohen Zahlen wie in den nun vorliegenden Recherchen habe er jedoch nicht gerechnet.
Dem Bericht zufolge werden in den Chats des Netzwerks unter anderem Anschläge, Sabotageakte, Gewalt und eine rechtsextremistische Ideologie propagiert sowie Attentäter verehrt.
So sei in einer Chatgruppe namens „Terror Wave“ der norwegische Rechtsterrorist Anders Breivik verherrlicht worden, der 2011 in Norwegen 77 Menschen ermordete. Auch sei in einem inzwischen gelöschten Chat eine Anleitung zur Herstellung von Sprengstoff gepostet worden.
Viele Chatmitglieder offenbar minderjährig
Die Studie offenbart zudem das Ausmaß dieser militanten Neonazi-Subkultur. So zählte Cemas mindestens 164 aktive Chatgruppen, die dem Netzwerk zugerechnet werden können. Es handle sich aktuell um die „dominanteste Strömung des Rechtsterrorismus“, heißt es in dem Bericht.
„Wer hier unterwegs ist, hat das Ende einer Radikalisierungsspirale erreicht“, wird der Cemas-Experte Miro Dittrich zitiert. Demnach seien viele der Chatmitglieder minderjährig, „manche gerade mal 12 oder 13 Jahre alt“.
Nicht zuletzt deshalb fordert Dittrich in dem Bericht die Sperrung der terrorverherrlichenden Kanäle. „Andere Länder sind Deutschland bei der Bekämpfung dieser Strukturen voraus“, moniert Dittrich. Politik und Sicherheitsbehörden müssten nun handeln.
Den Vorwurf einer Unterstützung der rechtsextremistischen Umtriebe weist der aus Dubai betriebene Messenger-Dienst Telegram zurück, wie der „Spiegel“ von einer Antwort des Unternehmens berichtet.
Allein 2025 habe Telegram 74.000 Gruppen und Kanäle im Zusammenhang mit Terror und Gewaltaufrufen gelöscht, heißt es. Die Plattform habe in nur drei Monaten im vergangenen Jahr 35,6 Millionen extremistische Inhalte entfernt. (Tsp)