„Ich suche mir immer den Platz links außen“: SPD-Chefin Esken äußert sich zu Gerüchten nach einem Sondierungsfoto

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken misst einem Foto aus dem Kanzleramt, das in sozialen Medien für Irritationen gesorgt hatte, keine große Bedeutung bei.

Kanzler Olaf Scholz hatte am Mittwoch mit CDU-Chef Friedrich Merz, den SPD-Chefs Esken und Lars Klingbeil sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt beraten. Esken saß dabei links außen, in sozialen Medien war gemutmaßt worden, sie säße im Abseits, während vier Männer im angeregten Gespräch seien. 

„Ich suche mir immer, auch in Talkshows oder bei Pressekonferenzen, den Platz links außen“, sagte Esken nun dem Magazin „Stern“.

„Weil ich nur auf dem rechten Ohr höre“, erläuterte sie zur Begründung. Auf dem linken Ohr sei sie taub. Als Kind habe sie eine Hirnhautentzündung gehabt, dabei sei der Gehörnerv abgestorben.

Der Platz am linken Rand ermögliche es ihr, alle Gesprächspartner gut zu hören, sagte die SPD-Chefin. „Ist die Anzahl der Gesprächspartner ungerade, ergibt sich eben eine solche Sitzordnung.“ Esken betonte: „Bei der Frage, ob ich in dieser Runde mitmische, hat das keine Rolle gespielt. Ich sorge schon dafür, dass mir zugehört wird.“

Erst im Dezember hatte Bildmaterial von Esken für Aufregung in sozialen Medien gesorgt. In einem kurzen Video aus dem Bundestag war zu sehen, wie Kanzler Scholz nach einem Gespräch mit SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich abdreht und die kurz zuvor die hinzugekommene Esken kommentarlos stehen lässt.

Esken sagte später in einem dpa-Videointerview zu der Szene, Scholz habe sich nach der Rede womöglich „in einer Art Tunnel“ befunden. „Olaf Scholz hat sich sehr warmherzig und umfangreich bei mir entschuldigt und damit ist es für mich auch erledigt“, sagte sie.

Plädoyer für stärkere Gewichtung von Frauenthemen

In dem nun veröffentlichten Magazin-Interview forderte Esken zudem, Frauen und ihre Themen in den Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD angemessen zu berücksichtigen. „Ich bin sehr wachsam, dass wir die Rolle der Frauen in diesen Verhandlungen stärken und klarmachen, dass auch unsere Themen wichtig sind“, sagte sie.

Esken und ihr Co-Vorsitzender Klingbeil verhandeln derzeit mit CDU und CSU über eine Regierungskoalition. Die Union hatte zunächst sechs Männer und keine Frau zu den Gesprächen schicken wollen.

„Ich lasse mir die Notwendigkeit von Feminismus nicht ausreden“, sagte Esken. Sie forderte auch Parität im Parlament, damit sich darin die Realität abbilde: „Damit der Bundestag ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, müssen Frauen nicht nur den halben Kuchen bekommen, sondern die halbe Bäckerei.“

Gäbe es mehr Frauen in der Politik, würde sich nach Eskens Ansicht vieles ändern. Ihrer Erfahrung nach seien Frauen stärker an der Sache orientiert.

„Einige Männer sind für das Politikgeschäft einfach oft zu emotional.“ Das spüre sie in Runden, in der Frauen und Männer „ausnahmsweise“ gleichermaßen vertreten seien. Da verstärke sich Esken zufolge der Blick auf Alltagsthemen wie die Zuverlässigkeit von Kitas, den Zustand von Schulen, aber auch Gewalt gegen Frauen. (dpa, epd)