Grüne, FDP, Linke und AfD kritisieren Sondierungsergebnis
Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl haben Union und SPD ihre Sondierungen für eine schwarz-rote Regierung erfolgreich abgeschlossen. Wie CDU-Chef Friedrich Merz und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil mitteilten, wollen beide Seiten voraussichtlich in der kommenden Woche Koalitionsverhandlungen beginnen.
Klingbeil sprach von einem "ersten wichtigen Schritt". Beide Seiten hätten sich vorgenommen, "unser Land auf Vordermann zu bringen". Ein elfseitiges Sondierungspapier enthält Vereinbarungen zu den Bereichen Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Soziales und Migration. Über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheidet bei der SPD am Sonntag der Parteivorstand, bei der CDU am Montag der Bundesvorstand.
Kritik von den Grünen, FDP und Linken
Die Grünenvorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak verweigern bislang ihre Zustimmung für die Pläne von Union und SPD zur Finanzierung der geplanten Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur. "Von einer Zustimmung sind wir heute weiter entfernt als in den letzten Tagen", sagte Felix Banaszak. Die Union ist auf die Stimmen der Grünen im Bundestag angewiesen, um die geplante Reform der Schuldenbremse und ein Sondervermögen zu beschließen, bevor der neue Bundestag zusammentritt.
Banaszak kritisierte, dass Finanzierung von Klimaschutz "überhaupt keine Rolle spielt". Brantner sagte: "Alles mit Geld zuzuschütten, die Wahlversprechen aneinanderzureihen, keinerlei strukturelle Reformen anzugehen, das ist Gift für unser Land." Auch bei den Themen Wirtschaft und Europa blieben die Beschlüsse von Union und SPD weit hinter den Erwartungen zurück.
Die FDP kritisiert die Sondierungsvereinbarungen von Union und SPD als unzureichend. "Dem gigantischen Schuldenpaket steht nur einzelnes Stückwerk gegenüber", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Es bleibe bei "Bürokratie durch Lieferkettengesetz und ideologisierter Klimapolitik". Das sei "das Gegenteil von der Wirtschaftswende, die unser Land so dringend braucht".
Linke sieht Soziales als "blinden Fleck"
Das Sondierungspapier sei "so katastrophal wie erwartet" und soziale Themen ein "blinder Fleck", sagten die Fraktionsvorsitzenden der Linken Heidi Reichinnek und Sören Pellmann. Zentrale Themen wie Wohnungsbau, Gesundheit, Stärkung von Familien, gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West oder bezahlbare Lebensmittel würden "nebenbei verhandelt oder nicht einmal erwähnt".
"Es scheint, Union und SPD haben ihre Energie vor allem darauf verwendet, das Asylrecht bis zur Unkenntlichkeit zu schleifen", sagte Reichinnek. Ergänzt werde die "Prioritätensetzung mit einem Blankoscheck für Aufrüstung und einem Sondervermögen, dessen Inhalt niemand kennt". Bei den Themen Einkommensteuer und Rente fehlten "klare Festlegungen", kritisierten die Linken-Fraktionsvorsitzenden weiter. Auch die Wirtschaftspolitik bleibe "vage".
AfD spricht von "Verschuldungswahn"
Die AfD hat Merz vorgeworfen, seine Wahlversprechen zu
brechen. Für seine "Kapitulation vor dem Verschuldungswahn der SPD" habe
Friedrich Merz lediglich "vage Versprechungen und Formelkompromisse
in der Migrationspolitik voller Vorbehalte und Hintertüren bekommen", sagten die Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla.
Anke Rehlinger lobt gelungenen Kompromiss
Die saarländische Ministerpräsidentin und stellvertretende SPD-Vorsitzende Anke Rehlinger hat sich zufrieden über die Einigung auf schwarz-rote Koalitionsverhandlungen geäußert. "Ich glaube, das ist einfach schlicht ein gutes Paket für Deutschland, das hilft, dass wir wieder auf die Beine kommen", sagte Rehlinger im heute journal des ZDF. Es gebe "große Herausforderungen, aber es gibt auch große Antworten", die eine künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD finden wolle.
Den Kompromiss beim Thema irreguläre Migration hält Rehlinger für gelungen. "Es wird auch keine Grenzschließungen geben, aber es gibt eine Verschärfung der Grenzkontrollen." Dass dies abgestimmt mit den europäischen Nachbarn geschehe, sei wichtig für die SPD. Zudem wolle man im Gegenzug Einwanderung in den Arbeitsmarkt erleichtern.