Union und SPD schließen Sondierungen ab – Koalitionsverhandlungen sollen nächste Woche beginnen

Der erste Schritt auf dem Weg zu einer schwarz-roten Bundesregierung ist gemacht. Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl haben die Unterhändler von CDU, CSU und SPD ihre Sondierungen abgeschlossen. Nach Abschluss der gut einwöchigen Sondierungen empfahlen die Parteivorsitzenden der drei Parteien die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Dafür wird noch die Zustimmung der Parteigremien benötigt. Die CDU hat bereits Sondersitzungen ihrer Gremien für Montagmorgen einberufen.

In einer ganzen Reihe von Sachfragen sei Einigkeit erzielt worden, sagte CDU-Chef Friedrich Merz in Berlin. Ein gemeinsames, elfseitiges Papier, das WELT vorliegt, solle Grundlage sein für Koalitionsverhandlungen, die gegebenenfalls nächste Woche beginnen könnten, sagte Merz. SPD-Chef Lars Klingbeil sprach von einem „ersten wichtigen Schritt“. Beide Seiten hätten sich vorgenommen, „unser Land auf Vordermann zu bringen“. Der voraussichtlich künftige Kanzler Merz hatte das Ziel ausgegeben, bis Ostern mit den Verhandlungen durch zu sein.

Im Ergebnispapier der Sondierungen listeten Union und SPD Vorfestlegungen auf und räumten dabei auch einige Streitthemen ab. Unter anderem beim Thema Migration. „Deutschland ist ein weltoffenes Land und wird es auch bleiben“, wird der Abschnitt in dem Papier eingeleitet. Beide Seiten verständigten sich dennoch auf die Zurückweisung von Asylbewerbern an den Grenzen – eine Kernforderung der Union, gegen die die SPD lange Zeit Bedenken hatte. Grenzkontrollen sollen laut Merz „massiv“ ausgebaut werden. Die Zahl der Polizisten, die an der Grenze kontrollieren, soll erhöht werden. Auch der Familiennachzug von Flüchtlingen soll weiter eingeschränkt werden.

Zur Ankurbelung der Wirtschaft schreiben Union und SPD, man wolle „den Standort Deutschland wettbewerbsfähig machen“. Es sollten Investitionsanreize geschaffen und in eine Unternehmenssteuerreform eingestiegen werden. Und: Man wolle „die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und die Übertragungsnetzentgelte halbieren“. Zudem soll das Bürgergeld reformiert werden. „Diese Maßnahmen tragen unsere gemeinsame Handschrift“, sagte Merz. Union und SPD wollen die Stromsteuer senken und damit Unternehmen und private Haushalte entlasten. Außerdem soll die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie dauerhaft auf 7 Prozent gesenkt werden. Auch eine Reform der Einkommenssteuer ist geplant.

Merz will den Grünen bei ihren Forderungen zum milliardenschweren Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur entgegenkommen. Er habe Fraktionschefin Britta Haßelmann sofort nach dem Ende der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD informiert, sagte Merz. „Wir reden vernünftig und offen mit den Grünen.“ Man sei bereit, beim Verteidigungshaushalt auch weitere Maßnahmen einzubeziehen und beim Sondertopf für die Infrastruktur auch Klima- und Umweltprojekte zu berücksichtigen. Er wolle in der kommenden Woche „intensive Gespräche“ mit den Grünen führen wie schon in der laufenden Woche, sagte Merz. Die Grünen fordern mit Blick auf Verteidigung zum Beispiel auch eine Stärkung der Nachrichtendienste.

Ein Scheitern ist weiterhin nicht ausgeschlossen

Bereits am Dienstag hatten sich die Spitzen der Parteien auf ein beispielloses Finanzpaket geeinigt, das die Grundlage für die Regierungsarbeit in den kommenden vier Jahren bilden soll. Das Schuldenpaket von mehreren hundert Milliarden Euro und eine Lockerung der Schuldenbremse sollen am Donnerstag nächster Woche noch vom Bundestag mit der alten Zusammensetzung in erster Lesung diskutiert und dann am 18. März beschlossen werden. Dazu wird aber noch die Zustimmung der Grünen oder der FDP benötigt. Die AfD hat bereits juristische Schritte angekündigt.

In den bisherigen Sondierungsgesprächen haben Union und SPD Differenzen und Gemeinsamkeiten ausgelotet. Wer Koalitionsverhandlungen aufnimmt, tut das hingegen mit der klaren Absicht, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Ein Scheitern ist allerdings auch in dieser Phase nicht ausgeschlossen.

Die Union hatte die Bundestagswahl am 23. Februar mit 28,5 Prozent deutlich gewonnen. Die SPD landete mit 16,4 Prozent hinter der AfD (20,8 Prozent). Eine Alternative zur schwarz-roten Koalition gibt es nicht, weil Schwarz-Grün keine Mehrheit hat und eine Zusammenarbeit mit der AfD von der Union klar ausgeschlossen wird.