Mutmaßlicher Täter psychisch krank?: Volkmarsen, Trier, Berlin, Mannheim – eine traurige Serie

Die Überwachungskamera eines Geschäftes in der Mannheimer Innenstadt hat aufgezeichnet, mit welcher Geschwindigkeit der Fahrer eines Kleinwagens am Montagmittag durch die Fußgängerzone raste. Auf der Aufnahme sind Passanten zu erkennen, die sich erschrocken zu dem Fahrzeug umdrehen.

Eine Frau schafft es gerade noch rechtzeitig, die Straße zu überqueren, als sich der Ford von hinten nähert. Nur kurze Zeit später verbreitet sich die Nachricht von Toten und Verletzten durch die Amokfahrt in Baden-Württembergs zweitgrößter Stadt in Windeseile.

Bei dem Täter soll es sich nach Angaben des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl (CDU) um einen 40-jährigen Deutschen aus Rheinland-Pfalz handeln, der allein gehandelt haben soll.

Die Todesfahrt von Mannheim hatte den Ermittlern zufolge keinen extremistischen oder religiösen Hintergrund. Dafür gebe es keine Hinweise, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Abend vor Ort. Die Motivation könne eher in der Person des Täters begründet sein. Das sei Gegenstand laufender Ermittlungen.

Es gebe „konkrete Anhaltspunkte auf eine psychische Erkrankung des Täters“, sagte Staatsanwalt Romeo Schüssler am Abend auf einer Pressekonferenz. Demnach war der Mann mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen eines Hasskommentars unter einem als rechtsextrem eingestuften Bildes im Onlinedienst Facebook.

Auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch vieles unklar ist, drängen sich automatisch Parallelen zu ähnlichen Taten der vergangenen Jahre in Deutschland auf. Sowohl beim Modus Operandi, als auch beim Hintergrund der jeweiligen Täter scheint es Gemeinsamkeiten zu geben.

Juni, 2022: Berlin-Kurfürstendamm

Im Juni 2022 werden in Berlin plötzlich Erinnerungen an einen der schwärzesten Tage der deutschen Hauptstadt seit der Wiedervereinigung wach. Der damals 29-jährige Deutsch-Armenier Gor H. rast mit einem Kleinwagen über einen Bürgersteig des Kurfürstendamms absichtlich in eine Menschengruppe. Eine Lehrerin aus Hessen, die mit Jugendlichen auf Klassenfahrt in Berlin zu Besuch ist, stirbt, 32 Menschen werden teils schwer verletzt.

Amokfahrt vom Kurfürstendamm im Juni 2022.

© IMAGO/Stefan Zeitz

In unmittelbarer Nähe des Tatortes befindet sich der Breitscheidplatz, auf dem der Terrorist Anis Amri aus islamistischen Motiven sechs Jahre zuvor 13 Personen auf einem Weihnachtsmarkt mit einem gekaperten LKW tötete.

Doch anders als Amri war Gor H. den Sicherheitsbehörden nicht als Islamist bekannt. Der Deutsch-Armenier wurde vor Ort festgenommen und in einer psychiatrischen Klinik untergebracht, da es nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft Anhaltspunkte für eine paranoide Schizophrenie gebe. Wenige Tage später schloss Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) eine Terrortat aus.

Dezember, 2020: Trier

Die Todesfahrt vom Berliner Kurfürstendamm erinnerte bereits damals an zwei ähnliche Ereignisse aus dem Jahr 2020. Im Dezember lenkte ein Mann absichtlich seinen Geländewagen im Zickzack-Kurs durch die belebte Fußgängerzone von Trier in Rheinland-Pfalz. Dabei tötete er sechs Menschen und verletzte mehr als zwanzig Personen. Unter den Todesopfern war auch ein wenige Wochen altes Baby.

Einsatzkräfte von Polizei sind nahe der Fußgängerzone in Trier im Einsatz, in der im Dezember 2020 ein Autofahrer mehrere Menschen absichtlich umfuhr.

© Harald Tittel/dpa

Vier Minuten nach dem ersten Notruf konnten alarmierte Einsatzkräfte den Fahrer festnehmen. Eine Blutprobe ergab einen Alkoholwert von über einem Promille zum Tatzeitpunkt. Der Amokfahrer aus Trier schweigt bis heute zu seinem Motiv.

Verurteilt wurde der Deutsche wegen sechsfachen Mordes sowie versuchten Mordes in zahlreichen Fällen. Nach dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen leidet der Mann an einer paranoiden Schizophrenie mit bizarren Wahnvorstellungen. Der Täter wurde in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.

Februar, 2020: Volkmarsen

Im hessischen Volkmarsen lenkt ein 29-Jähriger am 24. Februar 2020 sein Fahrzeug vorsätzlich in eine große Menschenmenge. Zu diesem Zeitpunkt findet in der Kleinstadt der Rosenmontagsumzug statt, hunderte Zuschauer verfolgen ihn am Straßenrand.

Der Autofahrer umfuhr mehrere Absperrungen, um schließlich beschleunigt in die Zuschauergruppe hineinzufahren. Mehr als 120 Menschen werden körperlich verletzt, viele weitere tragen psychische Verletzungen davon. Wie ein Wunder kommt niemand ums Leben.

Bis heute soll der aus Baden-Württemberg stammende Täter keine konkreten Angaben zur Motivation seiner Amokfahrt gemacht haben. Mit seinem Anwalt und einer Psychologin habe der Mann nach verschiedenen Berichten zunächst nicht kooperiert.

Mittlerweile wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Ein psychiatrischer Gutachter hatte nach der Tat eine Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden und schizoiden Zügen festgestellt.