Aus Privatbesitz restituiertes Schiele-Gemälde wird versteigert
Für seinen selbstironischen, jüdischen Witz war er berühmt. Er soll ihn sich bis zum Schluss bewahrt haben. Der österreichische Operettenautor und Kabarettist Fritz Grünbaum wurde nach den Misshandlungen in den Konzentrationslagern von Buchenwald und Dachau von den Nazis ermordet. An Silvester 1940 hatte er für seine Dachauer Mithäftlinge noch ein letztes Mal Kabarett gemacht, kurz darauf den Suizid versucht. Am 14. Januar 1941 war Grünbaum tot. Den Totenschein, der irgendwas von „Herzlähmung“ behauptete, darf man ignorieren.
Fritz Grünbaums große Kunstsammlung war da schon lange weg – geplündert, geraubt, versteckt, verkauft. 453 Bilder sollen Fritz und Lilly Grünbaum in ihrer Wiener Wohnung aufbewahrt haben, als sie 1938 „arisiert“ wurde. Was genau aus der Sammlung wurde, weiß man nicht. Lilly Grünbaum wurde nach Minsk deportiert und 1942 im KZ Maly Trostinez ermordet.
Jahrzehnte später wurden einige Kunstwerke an Orten entdeckt, wo sie mutmaßlich nicht hingehörten. Ein Rechtsstreit mit der österreichischen Stiftungssammlung Leopold, aus der ein amerikanischer Staatsanwalt im Jahr 1998 zwei Bilder von Egon Schiele beschlagnahmte, führte letztendlich zur Einführung eines nationalen Restitutionsgesetzes in Österreich, obwohl die Erbberechtigung im Falle von „Tote Stadt III“ (eines der beiden Bilder) nicht nachgewiesen werden konnte.
Für Wirbel sorgte auch ein Gerichtsprozess in New York, nachdem ein bekannter Kunsthändler Bilder aus der Grünbaum-Sammlung zum Verkauf angeboten hatte. Die Erben klagten mit anwaltlicher Unterstützung auf Rückgabe und bekamen Recht. So wurden im Jahr 2018 zwei Schiele-Gemälde restituiert. Und auch gegen Museen, die im Besitz von Bildern aus der Grünbaum-Sammlung sind, versuchen die Erben seit vielen Jahren Ansprüche auf Rückgabe geltend zu machen.
Sechzig bis achtzig Werke des Wiener Expressionisten Egon Schiele soll der aus einer Kunsthändlerfamilie stammende Sammler Fritz Grünbaum besessen haben, aber auch Gemälde von Albrecht Dürer und Rembrandt, von Edgar Degas, Oskar Kokoschka und Käthe Kollwitz.
Hinter dem typischen Schiele-Bildnis „Knabe im Matrosenanzug“, das nun auf den Markt kommt, steht eine gütliche Einigung. Das Gemälde aus dem Jahr 1914 befand sich lange in süddeutschem Privatbesitz. Die Sammlerin soll an das Auktionshaus Christie’s herangetreten sein, um Licht in die Historie des Bildes zu bringen und um sich mit den Grünbaum-Erben auf eine Restitution zu einigen.
Am 5. März wird das Bild in der Londoner Abendauktion bei Christie’s zur Versteigerung aufgerufen. Der Schätzpreis liegt bei 1 bis 1,5 Millionen Pfund. Ihren Anteil am Verkaufserlös wollen die Erben in die Grünberg Fischer Foundation einbringen, eine Stiftung zur Förderung darstellender Künstler. Die ehemalige Besitzerin des Matrosenjungen will ihre Verkaufsanteile an ein wohltätiges Kinderprojekt spenden.