Studie sieht zu hohen politischen Einfluss auf Rundfunkräte

Mangelnde Transparenz und fehlender Austausch mit dem Publikum: Eine neue Studie sieht einen übermäßigen Einfluss der Politik auf die Rundfunk- und Verwaltungsräte des Landes. Konkret wurde in der Erhebung der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung die Besetzung der Räte betrachtet. Das Ergebnis: Der politische Einfluss in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks reiche weit über die gesetzlich vorgeschriebene Präsenz hinaus.

Die Rundfunkräte der ARD-Sender, der Fernsehrat des ZDF und der Hörfunkrat des Deutschlandradios sind die obersten Gremien der jeweiligen Rundfunkanstalten. Sie sind mit Aufsichtsräten vergleichbar und entscheiden etwa über die Intendanz oder Wirtschaftspläne. Ihre Mitglieder sollen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen kommen, um die breite Gesellschaft abzubilden. Die Verwaltungsräte wiederum kontrollieren die Geschäftsführung und Finanzen der Rundfunkanstalten.

Vorgaben aus Karlsruhe

Studienautor Peter Stawowy bezieht sich auf das Bundesverfassungsgericht, das 2014 urteilte, höchstens ein Drittel der Mitglieder der Aufsichtsgremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dürfe staatlich oder staatsnah sein. Wer unter diese Definition fällt, wurde der Studie zufolge bisher daran festgemacht, ob diese Menschen ein entsprechendes Amt innehaben, also aktiv staatliche Verantwortung tragen. Diese Quoten sei in fast allen Rundfunk- und Verwaltungsräten eingehalten, schreibt der Autor. Einzig die Deutsche Welle liege mit 41 Prozent deutlich darüber.

Wird allerdings auch die Parteizugehörigkeit der Mitglieder betrachtet, ergebe sich ein anderes Bild: "41 Prozent der Rundfunkratsmitglieder der untersuchten zwölf Anstalten lassen sich politischen Parteien zuzuordnen, beim ZDF sind es 60 Prozent." Neben Politikern sitzen Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Gruppen in den Rundfunkräten: aus Gewerkschaften, Kirchen, Sportvereinen oder Wohlfahrtseinrichtungen, teilweise auch von Umweltschutzorganisationen, Künstler- oder LGBTQ-Verbänden.

Höchster Wert beim ZDF

Ähnlich sieht es der Studie zufolge bei den Verwaltungsräten aus. Nach klassischer Lesart liege der Anteil politischer Vertreter hier bei 15 Prozent; werde die Parteizugehörigkeit mit einbezogen, seien es hingegen 53 Prozent. Auch hier sei das ZDF mit 83 Prozent Spitzenreiter.

"Die Ergebnisse machen deutlich, dass es einer Debatte darüber bedarf, ob die bestehenden Regelungen zur Eindämmung des parteipolitischen Einflusses ausreichen", schreibt Stawowy. Er kritisiert, dass die gesellschaftliche Aufsicht der Rundfunkanstalten in Form von Rundfunk- und Verwaltungsräten in der Debatte um grundlegende Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keine Rolle spielten. "Die Medienpolitik ignoriert die Probleme."

Die Arbeit der Räte sei durch mangelhafte Transparenz und fehlenden Austausch mit dem Publikum gekennzeichnet, schreibt Stawowy weiter. Der Autor kritisiert die Arbeitsweise und Ressourcen der Gremien: Steigende Anforderungen könnten sie dadurch oft kaum bewältigen.

Große Unterschiede bei Aufwandsentschädigungen

Intransparent seien die Räte etwa bei den Kosten der Gremienarbeit, heißt es in der Studie weiter: Aufwendungen der Rundfunkanstalten etwa variieren demnach zwischen 100.000 Euro bei der Deutschen Welle und weit über zwei Millionen Euro beim WDR. Auch die monatlichen Aufwandsentschädigungen seien sehr unterschiedlich: von 1.000 Euro im Monat beim WDR bis zu gar keiner Aufwandsentschädigung beim SR. 

Die Gremien hätten hinsichtlich der Transparenz ihrer Arbeitsweise jedoch auch Fortschritte gemacht. "Mit Ausnahme der Deutschen Welle tagen beispielsweise alle Rundfunkräte öffentlich; ein guter Teil streamt die Sitzungen sogar live."

Für die Erhebung sammelte Stawowy zwischen April und August vergangenen Jahres Informationen über alle 772 Mitglieder der Rundfunk- und Verwaltungsräte aller Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland.