Schutz vor Genitalkrebs: Auch nach dem ersten Sex wirkt eine HPV-Impfung

Wie schön könnte das Liebesleben sein, gäbe es keine sexuell übertragbaren Krankheiten. Der sicherste Schutz ist und bleibt wohl vorerst das Kondom. Zu den wenigen sexuell übertragbaren Erregern, denen man durch eine Impfung vorgebeugen kann, zählen Humane Papillomaviren.

Die meisten sexuell aktiven Menschen infizieren sich mindestens einmal im Leben mit diesem Virus. HPV-Infektionen verlaufen oft ohne Symptome und sind nach ein bis zwei Jahren nicht mehr nachweisbar. Manchmal gelingt es dem Virus jedoch, sich langfristig festzusetzen. Dann können HPV-Viren nicht nur Gebärmutterhalskrebs, sondern auch Genitalwarzen, Analkrebs und Kopf-Hals-Tumore verursachen.

Am besten wirkt eine Impfung gegen HPV-Viren noch vor den ersten sexuellen Kontakten. Daher hat die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut diese Schutzimpfung „früh“ angesetzt. Sie empfiehlt die HPV-Impfung für alle Mädchen und Jungen von 9 bis 14 Jahren.

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Prozent der 17-Jährigen geben an, bereits erste sexuelle Erfahrungen gesammelt zu haben.

Niedrige Impfquoten aus Scham?

„Bedauerlicherweise sind die Impfraten in Deutschland auch im europäischen Vergleich unzureichend. Deutschland belegt verglichen mit 25 anderen europäischen Ländern nur Platz 17“, erklärt Norbert Brockmeyer, Dermatologe, Präsident der Deutschen STI Gesellschaft (DSTIG) und Mitglied im Vorstand der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Hierzulande ist nur die Hälfte der Mädchen und etwa ein Drittel der Jungen vollständig gegen HPV geimpft, erläutert die DDG in einer Mitteilung.

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Anders als es vielleicht bei der Elterngeneration war, sind junge Menschen heutzutage früher sexuell aktiv.

Norbert Brockmeyer, Dermatologe

Es mag für Eltern und auch für die Kinder in manchen Fällen peinlich sein, von einer Ärztin oder einem Arzt auf eine sexuell übertragbare Infektionskrankheit (STI) angesprochen zu werden, gegen die man impfen kann. „Anders als es vielleicht bei der Elterngeneration war, sind junge Menschen heutzutage früher sexuell aktiv“, erklärt Brockmeyer und verweist auf die BZgA-Studie Jugendsexualität aus dem Jahr 2020.

Unter den 14-Jährigen sind sexuelle Erfahrungen noch die Ausnahme – nur etwa vier Prozent von ihnen gaben solche an. Doch bereits im Alter von 17 Jahren hat mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen Geschlechtsverkehr-Erfahrung.

Auch wenn es dem ein oder anderen unangenehm ist: „Jeder Arztbesuch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, auch bei einer Dermatologin oder einem Dermatologen, die ja Fachärzte für Haut und Geschlechtskrankheiten sind, sollte genutzt werden, um auf die HPV-Impfung hinzuweisen“, fordert Silke Hofmann, Direktorin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, Helios Universitätsklinikum Wuppertal und Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit der DDG.

Jungen sind schlechter geschützt als Mädchen

Eine Auswertung des „Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung“ (Zi) der vertragsärztlichen Abrechnungsdaten zeigt, dass die Impfquote der Jungen deutlich unter der der Mädchen liegt.

Von den im Jahr 2009 geborenen gesetzlich Versicherten im Alter von 14 Jahren sind 49,5 Prozent der Mädchen und 30,6 Prozent der Jungen vollständig gegen Humane Papillomviren (HPV) geimpft. 62,4 Prozent der Mädchen und 42,2 Prozent der Jungen haben mindestens eine Impfung erhalten.

Als Grund für die deutlich niedrigere Impfquote sehen die Experten des Zi, dass es für Jungen lange Zeit keine Impfempfehlung der Stiko gab – diese kam erst im Juni 2018. Die Impfquote steigt seitdem kontinuierlich an, erreicht aber noch nicht das Niveau der Mädchen.

Auch Erwachsene können von der Impfung profitieren

Die Impfung gegen HPV-Viren entwickelt ihre Schutzwirkung vor allem dann, wenn sie vor dem ersten Sexualkontakt erfolgt. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch über 18-Jährige geimpft werden können, auch wenn sie bereits sexuelle Kontakte hatten.

Eine schwedische bevölkerungsbezogene Kohortenstudie (mit Mädchen und Frauen im Alter von 10 bis 30 Jahren in der Zeit von 2006 bis 2017) aus dem Jahr 2020 kam zum Ergebnis, dass HPV-Geimpfte im Beobachtungszeitraum ein reduziertes Risiko hatten, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken.

Besonders stark war dieser Effekt bei denen, die bereits vor dem 17. Lebensjahr geimpft wurden. Bei ihnen sank das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, um 88 Prozent. Aber auch bei den Frauen, die im Alter von 20 bis 30 die Impfung erhielten, sank das Risiko zu erkranken um 62 Prozent.

Allerdings: Obwohl eine Impfung auch im Erwachsenenalter einen gewissen Schutz bietet, kann sie mögliche Schädigungen durch bereits erfolgte HPV-Infektionen nicht rückgängig machen.

Sachsen empfiehlt HPV-Impfung bis zum 26. Lebensjahr

„Dass auch HPV-ungeimpfte Menschen über 18 Jahren von der Impfung profitieren können, schreibt auch die Stiko“, sagt Silke Hofmann. Allerdings könne der Impfschutz bei Menschen, die bereits in Kontakt mit HP-Viren kamen, reduziert sein. Zudem müsse die Kostenübernahme individuell geklärt werden. Denn ohne Empfehlung sind die Kassen frei in ihrer Entscheidung, ob sie die Kosten übernehmen oder nicht.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Freistaat Sachsen. Die sächsische Impfkommission geht in ihrer HPV-Impfempfehlung deutlich weiter als die Stiko. Hier wird die HPV-Impfung für Frauen und Männer bis zum vollendeten 26. Lebensjahr empfohlen. Die Kosten werden allerdings bislang auch dort noch nicht von allen Kassen übernommen.